Herr Larbig hat in einem langen Kommtentar seine Gedanken zum Thema „E-Learning“ in die Diskussion um LMS[1. Learn Management System] eingebracht (hier nachzulesen). Dafür zunächst einmal herzlichen Dank! Einigen seiner Thesen kann ich mich bedenkenlos anschließen:
- LMS können dazu führen, dass der bisherige lehrerzentrierte Unterricht jetzt einfach in einer neuen Umgebung weiter geführt wird. V.a. beim Thema „Webquest“ ist mir das extrem aufgefallen: der Lernweg und die Materialien werden vom Lehrer vorgegeben, die Schüler arbeiten nur Aufgaben ab. Im Grunde ist das ein Lernzirkel mit dem PC. Sicher hat die Methode einige Vorteile gegenüber der „Papiervariante“: Medien wie Film sind unproblematisch einsetzbar, Materialien müssen nicht sortiert und nachgereicht werden („ich war nicht da, kann ich die Arbeitsblätter noch haben?“) usw. Das allerdings als „Neues Lernen“ zu verkaufen, halte ich allerdings für gewagt.
- Einen Einwand, den Herr Larbig anspricht, muss man geradezu betonen: die meisten LMS tragen nicht zu einer Binnendifferenzierung bei. Natürlich ist das grundsätzlich auch in einem LMS möglich, der Aufwand ist allerdings erheblich höher als im Unterricht ohne LMS.
- An folgendem Gedanken arbeite ich gerade: „Einsatz des Internets als Instrument zur Förderung kooperativer Lernformen, nicht, indem ich sich einfordere, sondern anbiete und dann darauf hinarbeite, dass Lernende auf diesem Wege sich auch gegenseitig unterstützen.“ Diesen Ansatz finde ich sehr gelungen. Man kann Schüler nicht zwingen, auf eine bestimmte Weise zu lernen, aber man sollte ihnen die unterschiedlichen Möglichkeiten aufzeigen. Dazu zählt neben den „normalen Wegen“ jetzt auch das Internet. Die Schüler sind zwas immer wieder einmal überrascht, dass man mit einem PC sogar arbeiten kann, lassen sich aber auch gerne einmal zeigen, wie man in einer Gruppe an einem gemeinsamen Mindmap arbeiten kann, ohne dass man sich persönlich begegnen muss. Ob die Schüler diese Mittel auch nutzen liegt in ihrer Verantwortung.
- In diesem Zusammenhang sind mir kollaborative Arbeitsweisen besonders wichtig. Natürlich gibt es diese auch im normalen Unterricht, das Internet erweitert aber die Möglichkeiten um einiges. Warum nicht Hausaufgaben in einer Gruppe erledigen – von zu Hause aus.
Was mir bisher in der Debatte um LMS fehlt, sind folgende Gesichtspunkte:
- Wie kann man in einem LMS sicherstellen, dass die Schüler ihren Lernprozess selbst gestalten?
- Weil sie das nicht können: wie zeige ich meinen Schülern, wie sie sich Ziele setzen, ein Problem erkennen, sich organisieren, Ergebnisse sammeln und präsentieren? Eigentlich sollten sie das können, wir verhindern es nur oft durch unseren lehrerzentrierten Unterricht. Wahrscheinlich ist die Idee von Herrn Larbig, den Schülern die Möglichkeit zu geben, ihm bei der Arbeit über die Schultern zu schauen wirklich bedenkenswert.
Ich bin mit dem Thema noch nicht durch, werde jetzt aber „E-Learning“ bis Weihnachten erst einmal ruhen lassen, in der nächsten Woche stehen andere Dinge an.
Herr Larbig
»* Wie kann man in einem LMS sicherstellen, dass die Schüler ihren Lernprozess selbst gestalten?«
Ich glaube, das geht nur, wenn das LMS als ein Portal zur Entwicklung der Kompetenz genutzt wird, wie man selbst Lösungen für Probleme finden kann, indem man die verfügbaren Wissensquellen reflexiv nutzt.
Das heißt: Im LMS werden keine Materialen gesammelt zur Verfügung gestellt, mit denen Schülerinnen und Schüler dann arbeiten sollen, sondern Hinweise auf Lernwege gegeben, indem zum Beispiel der Auftrag gegeben wird, einen Weg zum Wissenserwerb nachzuvollziehen (und zu dokumentieren). Dabei kann es um Recherchen im Internet gehen, es können Anleitungen zur Benutzung eines online verfügbaren Kataloges einer Bibilothek gemacht werden etc. – Was in der Sek I weitgehend notwendig ist (Material zugänglich zu machen), muss sich im Laufe der Zeit dahin entwickeln, dass nicht mehr das Material sondern der Weg zum Material zugänglich gemacht wird.
herrlarbig.de » Blog Archiv » Diskussion über Lern-Management-Systeme (LMS)
[…] Klassenzimmer«. In der Disukussion um dieses Thema (ein längerer Kommentar von mir und ein weiterer Beitrag von Stephan Holze) tauchen meines Erachtens ein paar wirklich spannende Fragen auf. »Alle reden über Moodle, […]
Andreas
Hierzu ein paar spontane und ungeordnete Gedanken – (ich habe das Gefühl, hierzu demnächst mal einen ausführlichen Beitrag schreiben zu müssen – mal sehen, wie das die Zeit erlaubt):
Den obigen Ansatz verfolge ich seit letztem Schuljar ohne LMS im Fach Naturwissenschaft und Technick (NwT), das in B-W als Hauptfach in der Mittelstufe eingeführt wurde. Wir arbeiten rein projektorientiert, drei große Projekte pro Schuljahr und die Schüler bekommen zu Beginn einen „großen“ Projektauftrag, der die Ziele vorgibt, die in ca. 10 Wochen zu erreichen sind.
Danach geht die Arbeit in Gruppen los und die Lernwege werden dabei selbst gesucht. Ich bin im Unterricht präsent mit Tipps, kritischen Fragen etc.
Einige Erkennntnisse bisher:
Es fühlt sich tw. „seltsam“ an, diese Lernwege nicht zu kontrollieren b zw. immer nur knappe Einblicke in diese Wege zu bekommen. Dennoch sprechen die Ergebnisse dafür, dass viel Gelernt wird.
Was genau gelernt wird, lässt sich oft schwer sagen. Es braucht noch mehr Balance zwischen diesem neuen Weg und der traditionellen Ergebnissicherung, weil auch klar ist, dass manche Grundlegenden Erkentnisse, die ich als Lernziele im Kopf habe, nicht bei allen ankommen.
Die Motivation der Schüler ist gegenüber dem traditionellen Unterricht um Größenordnungen höher – ich übertreibe nicht. Schüler beklagen den Ausfall von Unterricht und fordern das Nachholen einer Stunde nach, weil sie „an ihrem Projekt arbeiten müssten“
Insofern: die wirkliche Selbstgestaltung des Lernprozesses erfordert meiner bisherigen Erfahrung nach u.a. einen als sinnvoll und herausfordernd empfundene Aufgabe, Ressourcen, auf die man zurückgreifen kann, einen Berater, der weiterhilft, wenn man sich festgefahren hat (und wahrscheinlich noch einige Dinge mehr, die mir jeztzt nicht einfallen).